Kirche ist im Wandel. In diesen aktuellen Umstrukturierungsprozessen ist es schwierig, langfristig Ziele zu formulieren, da Rahmenbedingungen noch nicht geklärt sind, sich vieles verändert und durch neue Situationen in den Seelsorgeeinheiten ein konkreter Weg in die Zukunft noch nicht deutlich ist. Jedoch steckt gerade in diesen Umbruchsituationen die Chance, Neues auszuprobieren, Experimente zu wagen und so Erfahrungen für die Kirche der Zukunft zu sammeln. Dort, wo die Zukunft ungewiss ist, die Ziele verhandelbar sind und die Umwelt gestaltbar ist, ist das ideale Feld für Effectuation: Der Weg von „A“ (dem Hier und Jetzt) in ein spannendes, unbekanntes Land „X“, in dem niemand bisher war. Effectuation zeigt Ihnen, wie Sie ins Handeln kommen und Unterstützer und Mitstreiter finden.
Ihre Situation
Zukunft ist ungewiss – die Pfarrei steht vor einer völlig neuen Situation, die bisherigen Erfahrungen sind nicht auf die Zukunft übertragbar.
Verhandelbare Ziele – es gibt keine Ziele, die vorgegeben sind; es gibt die eine oder andere attraktive, innovative Idee und Vorstellung, was man tun könnte.
Gestaltbare Umwelt – die Möglichkeiten, etwas gestalten zu können oder Ideen umzusetzen, sind abhängig von den örtlichen Gegebenheiten, den Mitteln und personellen Ressourcen, die zur Verfügung stehen; sie können sich verändern und vergrößern durch das Reden mit anderen über die Idee oder das Vorhaben (Gewinnung von Mitstreitern und Mittel).
Prinzip der Mittelorientierung
Den Ausgangspunkt bilden die eigenen verfügbaren Mittel und Handlungsalternativen im Hier und Jetzt:
- Vergewissern Sie sich, was Ihnen zur Verfügung steht: persönliche Erfahrungen, Fähigkeiten und Netzwerke
- Überlegen Sie sich auf Grundlage dieser Mittel, was Sie damit tun können und wollen – nehmen Sie konkrete Ideen in den Blick
- Reden Sie mit anderen Menschen über die Idee und Ihre vorhandenen Ressourcen. Menschen, die sich für Ihre Idee begeistern lassen, stellen neue Mittel zur Verfügung oder entwickeln die Idee weiter. Dadurch entstehen konkrete Ziele oder Teilziele.
- Mit den getroffenen „Vereinbarungen“ stehen Ihnen neue Mittel oder Ziele für die Umsetzung der Idee zur Verfügung.
Ein Beispiel aus dem Alltag kann das Prinzip verdeutlichen:
Ich schaue in den Kühlschrank und finde dort Eier, Speck und Kartoffeln. Ich überlege, was ich daraus koche. Ein Freund ruft an. Ich lade ihn spontan zum Essen ein. Er bringt Käse und Wein mit, was er eben bei sich im Kühlschrank hat. Mit seinen und meinen Zutaten haben wir mehr Möglichkeiten der Zubereitung (neue Mittel). Da er jedoch keinen geschmolzenen Käse mag, essen wir den Käse so dazu (neues Ziel).
Prinzip des leistbaren Verlusts
Orientieren Sie Ihren Einsatz am leistbaren Verlust – nicht am erwarteten Ertrag!
Ob oder wann sich ein Erfolg einstellt und wie dieser aussieht, ist schwer vorauszusagen. Stellt man ausschließlich die Frage nach dem Erfolg, werden gute Ideen jedoch im Keim erstickt. Ihr Projekt sollte ein kalkulierbares Risiko beinhalten. Legen Sie fest, welchen Einsatz Sie sich leisten können und wollen und legen Sie bewusst den maximalen Einsatz fest.
Prinzip der Umstände und Zufälle
Nutzen Sie Umstände, Zufälle und Ungeplantes als Gelegenheiten, statt sie zu verteufeln!
Viele gute Erfindungen wurden in der Vergangenheit aus Zufällen geboren, waren ursprünglich Fehler oder gar Unfälle. Schauen Sie genau hin, wenn etwas anders läuft als es gedacht war. Neben und manchmal anstelle des angestrebten Ergebnisses können aus Projekten weitere Ergebnisse und positive Effekte entstehen.
Prinzip der Vereinbarung und Partnerschaften
Treffen Sie Vereinbarungen und bilden Sie Partnerschaften mit denen, die von Ihrer Idee begeistert sind, anstelle sich abzugrenzen und nach den „richtigen“ Partnern zu suchen!
Beteiligen Sie Ihre Partner an Ihren Überlegungen und nutzen Sie deren Erfahrungen, Fähigkeiten und Netzwerke. Im Kontakt mit Ihren Partnern können so völlig neue Aspekte zur Sprache kommen, die für Sie noch gar nicht im Blick waren. Durch Vereinbarungen werden die Ziele und Rahmenbedingungen deutlich, unter denen Ihr Vorhaben realisiert werden kann.
Dorothea Elsner
Regionalgeschäftsführerin für die Region Süd im Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese München und Freising